8. November 2021 · Humboldt Carré · Berlin
Sagen, was ist: unter großer Unsicherheit ist das eine besondere Herausforderung. Zuverlässige Informationen waren in der Corona-Pandemie gefragt wie nie. Die Reichweiten traditioneller Medien stiegen, ebenso das Medienvertrauen. Eine Sternstunde des Journalismus also? Wie ordneten die Medien hierzulande wissenschaftliche Daten ein, welchen Expert*innen gaben sie eine Bühne? Wie hinterfragten Journalist*innen Regierungsentscheidungen? Wer Einfluss auf die öffentliche Auseinandersetzung mit kritischen Situationen von großer Tragweite nehmen kann, sollte die eigene Rolle reflektieren. Diese Reflexion möchte die Rudolf Augstein Stiftung mit der Tagung unterstützen.
Dazu aufgerufen sind jedoch nicht nur Journalist*innen, sondern auch Wissenschaftler*innen und Politiker*innen. In der Pandemie rangen sie miteinander um Deutungs- und Entscheidungshoheit. Wissenschaftler*innen wurden immer wieder zu Policy Entrepreneuren – teilweise freiwillig, teilweise gedrängt. Unter hohem Handlungsdruck suchte die Politik in der Wissenschaft nicht nur nach Ideen für wirksame Eingriffe ins gesellschaftliche Regelwerk, sondern auch nach Legitimation für unbequeme Entscheidungen. Und die Medien suchten mit – die Aufmerksamkeitsökonomie befeuernd, die sie selbst oft kritisieren.
Markiert die Corona-Krise eine Zäsur im Verhältnis von Medien, Wissenschaft und Politik? Was sind erste Lehren aus dieser Zeit?
Publikation follow the science – aber wohin?
Die von der Stiftung herausgegebene Publikation follow the science – aber wohin? setzt die Denkanstöße der Konferenz fort: Die Autor*innen widmen sich der Frage, was es braucht, um kommende Krisen besser zu bewältigen und blicken auf Wissenschaft, Macht und Demokratie im Zeitalter der Krisen. Der Sammelband erscheint im Ch. Links Verlag und vereint Beiträge von u. a. Sibylle Anderl, Jakob Augstein, Alexander Bogner, Rafaela von Bredow, Markus Gabriel, Caspar Hirschi, Wolfgang Merkel, Olivia Mitscherlich-Schönherr und Barbara Prainsack. Die Publikation ist ab dem 11. April 2022 hier verfügbar.
Studien
Für die Fachkonferenz follow the science – aber wohin? beauftragte die Rudolf Augstein Stiftung zwei wissenschaftliche Studien, die die Qualität der journalistischen Berichterstattung in der Corona-Pandemie untersuchen. Erste Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden bei der Veranstaltung vorgestellt. Die Forschungsarbeiten werden nach der Konferenz fortgesetzt.
Reinemann, Carsten & Maurer, Marcus (2021): „Einseitig, unkritisch, regierungsnah? Eine empirische Studie zur Qualität der journalistischen Berichterstattung über die Corona-Pandemie“
Zu seltene Berichterstattung über das Corona-Virus selbst, die sukzessive Vernachlässigung von wirtschaftlichen und psychosozialen Folgen der Pandemie und ein eher einseitiger Fokus auf medizinische Expert:innen: Dies sind einige der Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie „Einseitig, unkritisch, regierungsnah?“, die von Kommunikations- und Medienforschern der Universitäten Mainz und München zur Rolle und Qualität der Berichterstattung in der Corona-Pandemie durchgeführt wurde. Untersucht wurden elf deutsche Leitmedien im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 30. April 2021.
Faas, Thorsten & Krewel, Mona (2021): „Corona-Sprechstunde mit Maybrit Illner, Anne Will & Frank Plasberg: Parteilich und oberflächlich oder ausgewogen und informativ?“
Talkshows haben das Potenzial, öffentliche Debatten zu prägen. Mit der Studie „Corona-Sprechstunde mit Maybrit Illner, Anne Will & Frank Plasberg: Parteilich und oberflächlich oder ausgewogen und informativ?“ fragen die Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Faas (Freie Universität Berlin) und Dr. Mona Krewel (Victoria University of Wellington), wessen Stimmen in den untersuchten Talkshows gehört wurden, wie informativ das Gesendete war und welche Themen und Narrative die Corona-Debatte bestimmt haben. Dabei blicken sie auf die drei aktuell erfolgreichsten politischen Talkshows in Deutschland im Zeitraum von Januar 2020 bis Juli 2021.
Impressionen
Videos der Konferenz
Jakob Augstein
Prolog zu follow the science – aber wohin?
Prof. Dr. Caspar Hirschi
Keynote: Expertise in Krisenzeiten: zur Absturzgefahr im Bermudadreieck von Wissenschaft, Medien und Politik
Dr. Franziska Augstein, Prof. Dr. Caspar Hirischi
One on One
Prof. Dr. Marcus Maurer
Präsentation der Studie: Einseitig, unkritisch, regierungsnah?
Prof. Dr. Thorsten Faas
Präsentation der Studie: Corona-Sprechstunde mit Maybrit Illmer, Anne Will & Frank Plasberg
S. Anderl, R. von Bredow, C. Reinemann, J. Augstein
Panel: Haben die Medien ihre Sache gut gemacht?
B. Prainsack, A. Bogner, M. Müller, V. Priesemann
Panel: Politik wie hast du’s mit der Wissenschaft?
Prof. Dr. Wolfgang Merkel
Plädoyer für eine demokratische und gesellschaftliche Resilienz
Jakob Augstein, Dr. Olivia Mitscherlich-Schönherr
Reflexion des Tages
Programm
Einlass
Registrierung, Kaffee & Croissants
Begrüßung
Stephanie Reuter, Geschäftsführerin Rudolf Augstein Stiftung
Prolog
Jakob Augstein, Journalist und Vorstand Rudolf Augstein Stiftung
Keynote
Expertise in Krisenzeiten: zur Absturzgefahr im Bermudadreieck von Wissenschaft, Medien und Politik
One on One
Kaffeepause
Medien: Rolle und Qualität der Berichterstattung in der Corona-Krise – eine vorläufige Bilanz
VORSTELLUNG NEUER STUDIENERGEBNISSE UND EMPFEHLUNGEN
(1) Einseitig, unkritisch, regierungsnah? Eine empirische Studie zur Qualität der journalistischen Berichterstattung über die Corona-Pandemie
Prof. Dr. Marcus Maurer, Johannes Gutenberg Universität Mainz
(2) Corona-Sprechstunde mit Maybrit Illner, Anne Will & Frank Plasberg: Parteilich und oberflächlich oder ausgewogen und informativ? – Eine Inhaltsanalyse ausgewählter Polit-Talkshows
Prof. Dr. Thorsten Faas, Freie Universität Berlin
PANEL: Haben die Medien ihre Sache gut gemacht?
Dr. Sibylle Anderl, Wissenschaftsjournalistin, FAZ
Rafaela von Bredow, Wissenschaftsjournalistin, DER SPIEGEL
Prof. Dr. Carsten Reinemann, Kommunikationswissenschaftler, LMU München
Moderation: Jakob Augstein
Lunch
Politik und Wissenschaft: Neujustierung eines Verhältnisses
PANEL: Politik, wie hast du’s mit der Wissenschaft?
Verhindert eine besonders hohe Aufmerksamkeit für wissenschaftliche Sichtweisen auf die Corona-Pandemie, dass politische Streitfragen über den gesellschaftlichen Ausgleich von Interessen und Werten angemessen öffentlich verhandelt werden?
Dr. Alexander Bogner, Soziologe, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin
Prof. Dr. Barbara Prainsack, Politikwissenschaftlerin, Universität Wien
Dr. Viola Priesemann, Physikerin, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation
Moderation: Jakob Augstein
Kaffeepause
Aus der Krise in die Zukunft
Plädoyer für eine demokratische und gesellschaftliche Resilienz
Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Politikwissenschaftler, Direktor em. am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und Senior Scholar an der Central European University in Budapest
REFLEXION DES TAGES
Jakob Augstein im Gespräch mit Dr. Olivia Mitscherlich-Schönherr, Philosophin, Hochschule für Philosophie München
Ausklang
Vortragende
Dr. Sibylle Anderl
Dr. Franziska Augstein
Jakob Augstein
Dr. Alexander Bogner
Rafaela von Bredow
Prof. Dr. Thorsten Faas
Prof. Dr. Caspar Hirschi
Prof. Dr. Marcus Maurer
Prof. Dr. Wolfgang Merkel
Dr. Olivia Mitscherlich-Schönherr
Michael Müller
Prof. Dr. Barbara Prainsack
Dr. Viola Priesemann
Prof. Dr. Carsten Reinemann
Stephanie Reuter
Veranstaltungsort
Humboldt Carré
Behrenstraße 42
10117 Berlin
Deutschland
Anfahrt
• S-Bhf. Friedrichstr. ca. 200 m
• U-Bhf. Französische Str. (U6) ca. 100 m
• U-Bhf. Stadtmitte (U2, U6) ca. 300 m
Parkmöglichkeiten
Etwa 50 Meter vom Humboldt Carré entfernt befindet sich die Tiefgarage „Q-Park – Staatsoper Unter den Linden“.
Rudolf Augstein
Stiftung
Die gemeinnützige Rudolf Augstein Stiftung versteht sich als Teil der Zivilgesellschaft. Sie fühlt sich dem Gründer des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL, Rudolf Augstein, und dessen Engagement für den Qualitätsjournalismus, für die Künste sowie für benachteiligte Kinder und Jugendliche verbunden. Im Gedenken an ihren Namensgeber nahm die Stiftung bürgerlichen Rechts im Jahr 2005 ihre Fördertätigkeit auf. Seither hat die Stiftung mehr als 1.000 Projekte mit einem Fördervolumen von knapp 13 Millionen Euro unterstützt.
Rudolf Augstein steht in herausragender Weise für Pressefreiheit und kritischen Journalismus. Seinem Motto „Sagen, was ist“ sollen Journalist*innen auch unter den Bedingungen des medialen Wandels folgen können. Im journalistischen Bereich fördert die Stiftung daher Projekte, die den investigativen Journalismus stärken, die zur Vernetzung von Journalisten sowie zur Vielfalt in Redaktionen beitragen oder die sich mit neuen Wegen der Vermittlung von Inhalten befassen. Auch die Erprobung neuer Geschäftsmodelle wird unterstützt.
Die Konferenz ist Teil der Berlin Science Week.